Szenen einer Probe - Trailer

Szenen einer Probe


Experimenteller Dokumentarfilm der vor allem durch die elektroakustische Weiterverwendung und Entwicklung (sampling) der Stimmen der Protagonisten lebt. In Zusammenarbeit mit den *handicapped“ Jugendlichen die in Probensituationen zur Musik von M. Musorgskiji eine Choreographie einstudierten entstand ein stark animierter Film der die musikalischen Themen von Musorgskijis „Bilder einer Ausstellung“ aufgreift und mit neuartigen aus dem sampling gewonnene Sounds nachspielt und illustriert. Ein starkes Stück Film das die üblichen Hörgewohnheiten des Zuschauers auf eine Probe stellt. Das "Mussorgskij Projekt", wurde von den Jugendlichen an verschiedenen Plätzen im Bodensee Raum und u.a. auf der Bodenseefähre "Fontaine blue" auf einer Überfahrt auf die Insel Mainau live aufgeführt.


Vorspann

Das Kino ist so alt wie der Mensch, der sein vorübereilendes Leben betrachtet, so alt wie unsere Eitelkeit, die vor dem Schlafengehen bei niedergebrannten Kerzen im Spiegel sich erblickt. Ob Mysterienspiel, ägyptische Relieffolge oder chinesischer Makimono, es war Cinema......“
Carl Einstein 1922

Prof. Dr. Horst Wetzel (Humbold Universität Berlin) schreibt in seinem Vorwort zu einem Ausstellungskatalog „Bildrollen wandernder Sänger in Bihar, Orissa und Bengalen“ unter anderem: ....Die Bildwahrnehmung eines Tempelreliefs oder eines Freskos mit seinen verschiedenen Teilbildern (die man abschreiten muß, um die Darstellung ganz zu sehen) unterscheidet sich einerseits fundamental vom Kino. Andererseits ist sie aber auch damit verwandt, weil sie eine dynamische, bewegungsorientierte Wahrnehmung verlangt. Hier (bei den langsam sich abspulenden Bildrollen der wandernden Sänger aus Bengalen) ließe sich einwenden, daß die Bilderfolge ja so langsam abläuft, daß die Bilder nie „das Laufen lernen“ können.

Entscheidender als das materielle Sehen erscheint jedoch die Wahrnehmung des „inneren Auges“. ....das Gedächtnis gehört nicht einem einzelnen, sondern der ganzen Gemeinschaft, die an kollektiven Mythen, von denen die Epen und Legenden handeln, teilnehmen.

....Andererseits ist es charakteristisch für unser Gedächtnis, daß nur Teile eines einmal eingeprägten Musters angeregt werden müssen, um es sogleich insgesamt hervortreten lassen. Eine vertraute Handgebärde erinnert an das vollständige Erscheinungsbild ein (es alten Bekannten. Wenige Töne können einen ganzen Satz aus einer Symphonie wachrufen. Die Bilder zielen also darauf ab, die flüchtige Erinnerung zu stützen, die „Lesbarkeit“ der Körper und die Sichtbarkeit der nonverbalen Zeichen zu bewahren, die nur noch im Mythos und der Sprache der Sänger (Tänzer) zu uns Sprechen.

Der Film „Szenen einer Probe“


(Analog zu: Bilder einer Ausstellung) entstand einerseits aus der Motivation heraus, eine Dokumentation von einer einzigartigen Arbeit anzufertigen, die Proben zu den „Bildern einer Ausstellung“, und die damit verbundenen Mühen und Freuden in Bild und Ton „festzuhalten“. Andererseits ist die gemeinschaftliche Arbeit an diesem Projekt vor allem ein „live Projekt“, welches in „Echtzeit“ aufgeführt wird. Nocheinmal das Ganze, als Wiederholung oder Vorspann zu einer Performance, zu zeigen schien wenig sinnvoll. So beschäftigt sich der vorliegende, knapp 20 minütige Film eher aus der Perspektive der Erinnerung mit dem gesammelten Material, und bringt es so in die Welt des Flüchtigen, des sich ständig Wandelnden, Traumhaften, aber auch in Zustände von fixen Ideen.

Idefix...... jeder kennt den Hund von Asterix.....
„Idee fixe“ in der Musik bedeutet Erkennungsthema, wenn z.B. in einer Oper der Held auftritt und mit einem charakteristischem musikalischem Motiv eingeführt wird. So ist von der Arbeit an den Aufnahmen letztlich „Etwas übriggeblieben“, das durch die Wiederholbarkeit der sinnlich wahrnehmbaren Bilder auch den Zustand von fixen Ideen suggeriert, (im Film z.B. gegeben durch das mehrmalige Auftauchen gleicher oder ähnlicher Sequenzen) und einer Art Wirklichkeit Ausdruck verleiht, die man mit Kontinuum umschreiben könnte. Diese sucht wieder die Nähe zu den Protagonisten, die in der Wiederholung von Gesten und Bewegungen zu ihrer ureigenen Kontinuität gelangen können.

....der Sinn der Wiederholung in Unterbrechungen oder von Unterbrochenem.....?!

Die dabei als Effekt verwendeten Techniken sind nicht Selbstzweck oder Spielerei, sondern weisen auf etwas hinter ihnen Verborgenem hin, sind quasi Symbol vor dem Symbolischen, welches auf eine innere Wirklichkeit hindeutet. Der Satz von C.G. Jung: “Wirklichkeit ist was wirkt“, wäre allerdings zu einer möglichen Sinnfindung nur die Einleitung. Näher stünde mir ein Begriff wie etwa „der Bardo des Lebens“.
Bilder, Töne, Klänge, Sprache, Gefühle,...... alle Erfahrung, die Leben ausmacht, vermischen sich in der Erinnerung, von der der Traum in seiner „Selbständigkeit“ vielleicht die „reinste“ Form ist, (und Film ein Abbild davon) in schemenhaft Neues, das in unverhofften und unvorhersehbaren Nischenwelten auftaucht; -Den Zwischenzuständen des Lebens.

Als solches möchte ich diesen Film verstanden wissen. Als „die Reste“ einer ursprünglich komplexen Echtzeit, die sich auf Grund von konkretem Leben und Erinnerung zusammengefügt haben, (wurden) und somit eine neue eigene Realität, eine neue Qualität des Erlebens zulassen können.
Leben in seiner Veränderbarkeit....... Obwohl mit manchen Protagonisten nicht im schauspielerischen Geschehen zu arbeiten war, da ihre Kapazitäten aus unserer Sichtweise eher eingeschränkt sind, war es dennoch möglich diese an dem Filmprojekt zu beteiligen.

So beruhen die teils sehr verfremdeten Themen aus Modest Mussorgskijs „Bilder einer Ausstellung“ die als elektroakusitsche Musik im Film hörbar sind, tatsächlich auf „Audio-Material“ also Aufnahmen die von Schülern gemacht wurden, deren stimmliche Kommunikation sich ausschließlich durch „Lautgeben“ äußert. Davon wurden Abschnitte von längeren Aufnahmen in Teile von 2-8 Sekunden geschnitten und mit Hilfe eines Samplers entweder natural übernommen oder mittels Hüllkurvenmanipulation in ihrem Grundklang mehr oder weniger verändert. Anschließend wurde mit diesen neuen Klängen, also neuen Instrumenten, vorhandenes thematisches Material komponiert und durchgeführt, mittels Midi eingespielt und auf dem Soundtrack layoutet.

Auf diese Weise kommen selbst die sonst „Draußen Bleibenden“ zu Ihrem Mitspiel in diesem klanglich szenischen Projekt.


Produktionsnotiz
Regie Hubert Bergmann
Jahr 2003
Kamera Hubert Bergmann
Schnitt Hubert Bergmann
Musik M. Mussorgskiji, H. Bergmann, sampling
Produktion mudoks records
Genre animierter Dokumentarfilm
Dauer ca. 20 min.



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Grafische und technische Realisierung SQEEN